Die Legende vom heiligen Gerebernus

Legende vom heiligen Gerebernus

Die Persönlichkeit, die wie keine andere seit 1000 Jahren in Sonsbeck größtes Ansehen genießt, hat den Ort im Leben nie betreten. Als Toter erst kam er zu uns, der große Schutzherr St. Gerebernus. Mit ihm ist aber das Schicksal der hl. Dymphna unzertrennlich verbunden. Leben und Tod dieser beiden Märtyrer sind auch Zeitgeschichte.

Dymphna wurde in der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts geboren. Ihr Vater ist ein heidnischer Stammesfürst („König“) des nordischen Landes. Die Mutter (Königin) aber eine überzeugte Christin, die nicht nur dafür sorgte, dass das Kind vom Priester Gerebernus getauft wurde, vielmehr sich selbst redlich mühte ein Glaubens- und Tugendleben durch eine christliche Erziehung zu entfalten. Dymphna soll auch einige Jahre die Klosterschule der Nonnen zu Aismor bei Luthe besucht haben. All zu früh stirbt die Mutter. Die Sterbende kann ihre Tochter nur dem Schutz Gerebernus empfehlen, der von Kind an den Lebensweg Dymphnas begleitet hatte. Dann starb die Mutter beruhigt.

Der König war durch den Tod der Gattin erst untröstlich. Deshalb rieten ihm die Höflinge eine zweite Frau zu nehmen, die der Ersten an Vortrefflichkeit und Schönheit gleiche. Der Vorschlag gefiel ihm. Werber des Fürsten zogen durch die Gemarkungen ohne eine solche zu finden. – Nach Aussage des hl. Hieronymus hatten die heidnischen Iren wie die Perser, Meder und andere Völker im Osten abartige Gewohnheiten, indem sie sich zur Ehe auch mit ihren Töchtern, Müttern, Schwestern usw. verbanden, weshalb man dem König riet, er solle seine Tochter ehelichen. Dymphna lehnte als Christin entschieden dieses Ansinnen ab. Als der Vater von Zwang und Gewalt sprach, erbat sie sich 40 Tage Aufschub.

Die Legende

Die Legende

Sie beriet sich mit Gerebernus, der – sich in den heidnischen Gepflogenheiten gut auskennend – ihr nur zur Flucht raten konnte: Lieber in der Fremde ohne Geld und Gut Christus treu sein! Dymphna war gleich einverstanden, in der Eile machte man sich reisefertig und stach in See um nach Antwerpen zu gelangen. Mit ihnen flohen ein Diener und eine Kammerfrau, die eigentlich die Hochzeit vorbereiten sollten. Man gewann sie nicht nur für den Plan, nein auch für Christus. In Antwerpen verblieben sie einige Tage. Von Einwohnern hörten sie, zu Gheel stehe eine Kapelle zu Ehren Gottes und des hl. Martinus. Dorthin zogen sie nun. Bei dieser Martinskapelle blieben sie nicht lange. An einer mehr abgelegenen Stelle bauten sie eine Hütte. Dieser Platz, auch noch auf gheelschem Gebiet, Sammelo, Sammale, jetzt Zammel genannt, liegt näher bei Westerloo. Ihr ganzer Aufenthalt dauerte ja nur 3 Monate.

Als Dymphnas Flucht entdeckt war, suchte man erst im Lande nach ihr. Dabei erfuhr man, dass sie sich zum Festland, näher nach Belgien hin, begeben habe. Dorthin folgte ihr der Fürst. Sie landeten ebenfalls in Antwerpen und forschten nach allen Richtungen nach ihrem Verbleib. Einige seiner Leute kamen bis zur Villa Westerloo. Als sie anderntags für ihr Quartier mit irischem Gelde zahlten, sagte der Wirt, schon solches Geld im Besitz zu haben. Befragt von wem denn, antwortete er arglos, von einem Mägdelein,  das eine halbe Meile entfernt in den Wäldern wohne.

Jene kundschafteten darauf die Gegend aus und erkannten Dymphna aus der Feme. Eilens kehrten sie zu ihrem Herrn nach Antwerpen zurück und meldeten ihm ihre Entdeckung. Ohne Verzug machte sich der Fürst mit seinem Gefolge auf den Weg und fand seine Tochter und Gerebernus zu Gheel.

Dymphna

Dymphna

Als der heiligmäßige Priester Dymphna, die ihm ja zum Schutze anvertraut war, mit mutigen Worten vor dem Vater und seinen Absichten verteidigte, wurde er auf dessen Befehl stehenden Fußes von den Kriegsmannen enthauptet. Standhaft weigerte sich auch Dymphna dem Ansinnen des Vaters zu folgen und fürchtete auch nicht seine Drohungen. Rasend vor Wut befahl er sie umzubringen. Als niemand das zu tun wagte, nahm der Vater sein Schwert und schlug selber seinem Kind das Haupt ab.

Weil Dymphna das Opfer solcher Raserei wurde, brachte man später vor allem die armen Geisteskranken nach Gheel; ihre Darstellungen zeigen aus demselben Grund einen gefesselten bösen Geist neben sich.

Die Gebeine der Blutzeugen wurden von den Anwohnern nahe der Hinrichtungsstätte beigesetzt. Ihr Grab wurde ein Zufluchtsort, weil mancher dort wunderbare Erhörung fand. Als man später die Märtyrer ausgraben und würdiger bestatten wollte, fand man sie in weißem Steinsarkophag, wie sie in Gheel und Umgebung unbekannt waren, weshalb man diese Tatsache als ein Werk von Engeln ansah! Die Reliquien waren zu der Zeit sehr begehrt (Frömmigkeit, Wirtschaftsfaktor-Wallfahrt) und Streit darum allerorts an der Tagesordnung. Mit den gestohlenen Gebeinen des hl. Gerebernus suchten Xantener Pilger in Gheel (ca. im 10. Jahrhundert) das Weite. Man sah das als kleine Sünde an, wenn „der Heilige es gelingen ließ“. Als sie sich ihrer Heimatstadt näherten machten sie eine Rast, ermüdet von der langen Reise, wie auch aus Furcht vor Verfolgern. Von dem Rastplatz aus sandten sie einen Boten dass sie bald einträfen.

Zu dieser Zeit war man sich auch in Sonsbeck – damals einer Art Bauernschaft – klar darüber, dass hier ein eigenes Heiligtum erstehen muss. „Als man aber bis Sonsbeck gekommen war, etwa zwei Stunden von Xanten entfernt, gab die göttliche Vorsehung ein Zeichen, dass dort und nicht in Xanten (selbst) die Ruhestätte der hl. Gebeine sein sollte. An der Stelle wurde schon vor 800 Jahren (ab 1761 gerechnet!) von frommen, unbekannten Verehrern dieses großen Fürbitters und Schutzpatrons des (späteren) Sonsbecker Pfarrsprengels ein ansehnliches Heiligtum („kerk“) erbaut.

Ein alter Volksglauben oder die hier mündliche Überlieferung eines Legendenbestandteiles: „Ein mit Ochsen bespannter Wagen, auf dem die Xantener die Reliquien des hl. Gerebernus in die dortige Pfarrkirche bringen wollten, sei am Fuße des Hügels zwischen Sonsbeck und Xanten plötzlich stehen geblieben und mit Gewalt nicht fortzuschaffen gewesen, bis die Gebeine des hl. Gerebernus an der Stelle aufbewahrt waren. Daraufhin sei dort eine Kirche zu Ehren des hl. Gerebernus erbaut worden. Gott will es so. Und hat nicht die Geschichte seitdem „diesem Gehorsam gegen Gottes Wink“ recht gegeben?
Übrigens stimmt die alte Nachricht in den Lebensbeschreibungen der beiden Heiligen, die fast alle aus Belgien stammen (wo man die hiesigen Verhältnisse kaum näher kannte), dass man Mitte des 10. Jahrhunderts dem hl. Gerebernus in Xanten eine Kirche erbaute, auf jeden Fall; denn Sonsbeck gehörte damals und noch auf weitere 250 Jahre zur Großpfarre Xanten.

Textquelle: W. Wüsten „Chronik von Sonsbeck“ (1965)